Document details

Pimp my farm: Eine Reality-TV-Show in Kenia verändert nicht nur die Ernte der teilnehmenden Bauern, sondern auch das Leben der Zuschauer

Die Zeit, nr. 51 (2023)
"[...] Tonny Njuguna ist Schauspieler und einer der beiden Moderatoren von Shamba Shape Up, einer Reality-TV-Show aus Kenia. "Shamba" bedeutet Farm in der Landessprache Kisuaheli, "shape up" ist Englisch und heißt so viel wie aufmotzen oder pimpen. Allein in Kenia schauen Woche für Woche bis zu neun Millionen Menschen zu – und das bei 55 Millionen Einwohnern. Das Format ist so erfolgreich, dass Shamba Shape Up mittlerweile fast in jedem großen kenianischen Fernsehsender Nachahmer hat und das Original in andere ostafrikanische Länder exportiert wird.
Shamba Shape Up gibt es seit 2010, und während das Team die dreizehnte Staffel dreht, läuft im Fernsehen die zwölfte. Die Idee hat Ähnlichkeiten mit MTVs Pimp My Ride, wo der Rapper Xzibit Anfang der 2000er Schrottautos tunen ließ. Bei Shamba Shape Up geht es dagegen um andere Dinge: um das richtige Futter für die Kühe, wie man seine Farm an die Klimakrise anpasst und wann es sinnvoll ist, sich gegen Ernteausfälle zu versichern. Um finanzielle Bildung für Bauern, darum, was es heißt, sich gut zu ernähren, und was man tun kann, wenn der eigene Hof von eingewanderten Pflanzen überwuchert wird. Das Wichtigste dabei ist, dass nicht nur den Bauern geholfen wird, sondern die Zuschauer etwas lernen. Zum Beispiel, wie man Passionsfrüchte richtig pflanzt. So wie Vivien Machanury jedenfalls nicht. Ihre ersten Pflanzen waren zu widerspenstigen Büschen herangewachsen, deren mickrige Früchte sie aus dem Gestrüpp herausschütteln musste. Drei Tage lang wird das Filmteam auf ihrem Hof drehen, am Ende soll sie wissen, was sie besser machen kann: "Ich kenne das aus meinem vorigen Job: sich auf ein Projekt konzentrieren, dann das nächste angehen."
Vivian Machanury ist 50 Jahre alt. Vor drei Jahren hat sie ihren Beruf bei einem Telefonnetz-Betreiber aufgegeben. An der Wand ihres Hauses hängen noch Auszeichnungen als Mitarbeiterin des Monats und Zertifikate von Weiterbildungen. In ihrem Job hatte sie zuletzt ein Team von 50 Mitarbeitenden unter sich. Dann wurde sie Bäuerin. "Weißt du", sagt sie zu Tonny Njuguna, "ich habe mir das nur zugetraut, weil ich immer eure Sendung geguckt habe." Der ist sichtlich gerührt. "Das müssen wir gleich noch mal vor der Kamera machen", sagt er. [...]"