"Das Internet unterstützt auf vielfältige Weise die Wirkung, Effizienz und Effektivität radikalen und extremistischen Gedankenguts, indem es Austausch, Koordination und Informationsbeschaffung erleichtert und beschleunigt. In Folge der langfristigen, strategischen Nutzung der Gelegenheitsstrukturen des Internets durch radikale/extremistische Akteure, haben diese umfangreiche, extremismenspezifische Online-Ökosysteme aufgebaut, die auf verschiedene Plattformen verteilt – je nach Angebotscharakter – alle notwendigen Funktionalitäten zur Verbreitung der eigenen Ideologie bieten: von Rekrutierung über Finanzierung bis zu Anschlagsplanung, und insbesondere auch zur Vernetzung und Mobilisierung. Beispielsweise dienen Foren, Chaträume und Instant Messenger primär dem Austausch mit Gleichgesinnten und zu Rekrutierungszwecken. Webseiten werden als teils themenspezifische Informationssammlungen und zur Bereitstellung von Propagandamaterialien genutzt und soziale Medien ermöglichen die großflächige Verbreitung ideologisch-motivierter Botschaften mit enormer Geschwindigkeit sowie die Vernetzung über regionale Bereiche hinweg. Eigene Nachrichtenwebseiten, sogenannte alternative Nachrichtenmedien, dienen der Verzerrung aktueller Ereignisse ganz im Sinne des ideologisch geprägten Weltbilds. Zum Teil hochgradig spezifische Angebote wie Dating-Websites oder extremistische Online-Games werden entwickelt, um Vernetzung und Gruppenkohäsion zu stärken [...] Die systematische Literaturanalyse hat gezeigt, dass sich das Forschungsfeld Online-Radikalisierung innerhalb der letzten Jahre kontinuierlich vergrößert hat und sich sowohl phänomenologisch als auch methodologisch ausdifferenzierte. Trotzdem besteht gegeben der – vor allem auch aktuell – hohen Relevanz des Themas erheblicher empirischer Forschungsbedarf hinsichtlich des Umfangs, der Wirkung und der tatsächlichen Folgen von Radikalisierung im Internet. Zusätzlich zur Konzentration auf konkrete Angebote wie spezifische Websites ist von zentraler Bedeutung, sich mehr auf die Besonderheiten technischer Architekturen zu konzentrieren. Erst dadurch werden systematische, längerfristig gültige Aussagen ermöglicht und die Identifikation konkreter Problemfelder verbessert. Die Entwicklung und empirische Prüfung von Indikatoren für verschiedene Ausprägungen von Radikalisierungsdynamiken ermöglicht die Beobachtung und langfristiges Monitoring des Geschehens, um frühzeitig mit adäquaten, gezielten Gegenmaßnahmen reagieren zu können." (Fazit, Seite 36)
1 Einleitung, 3
2 Definitorische Ansätze: Was ist (Online-)Radikalisierung? 5
3 Methodisches Vorgehen, 8
4 Stand der Forschung zu Radikalisierung im Internet, 9
5 Implikationen und Handlungsempfehlungen im Umgang mit Online-Radikalisierung, 29
6 Fazit, 36