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Die übersehene Welt: Der Globale Süden in deutschsprachigen Medien. Positionspapier anlässlich der Gründung eines Netzwerkes

[author] (2024), 23 pp.
"Es bleibt festzuhalten: Durch die mediale Vernachlässigung des Globalen Südens kommen die Lebensumstände von etwa 85 % der Weltbevölkerung kaum in unseren Medien vor. Auch dann nicht, wenn dort Kriege, Hungersnöte oder Epidemien erhebliche Opferzahlen erzeugen. Dabei sind die betroffenen Länder politisch und wirtschaftlich längst nicht mehr die einst buchstäblich (von den Kolonialländern) abgehängte »Dritte Welt«, sondern im Gegenteil heute vielfach potente Wirtschafts- und Militärmächte, die zunehmend in Opposition zum Westen (oder Norden) gehen. In der Berichterstattung taucht der Globale Süden jedoch erst auf, wenn Menschen oder Interessen des Globalen Nordens in irgendeiner Form direkt betroffen sind. Das ist zu spät. Vor 30 dem Hintergrund der menschlichen Dimensionen der vergessenen Krisen und Konflikte ist das erschreckend. Vor dem Hintergrund der globalen sicherheitspolitischen Dimensionen ist es zudem unklug und kurzsichtig. Aktuelle UN-Abstimmungen zeigen divergierende geopolitische Vorstellungen des Globalen Nordens und Südens und irritieren den Westen, der sich teilweise uninformiert über die sicherheitspolitischen Interessen des Globalen Südens zeigt. Eine quantitativ umfangreichere und vor allem konsequente Berichterstattung über die Länder des Globalen Südens wäre wichtig, um dortige politische Prozesse verstehen und ihnen adäquat begegnen zu können. Eine Vernachlässigung des Globalen Südens und ein Vakuum an politischem Interesse und Engagement kann dazu führen, dass andere, nicht- oder sogar antidemokratische Kräfte und Akteure diese Lücken nach ihren politischen Interessen und Vorstellungen füllen. Erst zu handeln, wenn Probleme den Westen, Europa oder Deutschland unmittelbar erreicht haben, ist zu spät. In einer sich zunehmend globalisierenden Welt kann es sich der Globale Norden nicht leisten, eine Mauer des medialen Desinteresses aufrecht zu erhalten und über die politischen Zustände und Entwicklungen im Globalen Süden uninformiert zu bleiben." (Zusammenfassung, Seite 19)