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Kosmopolitische Kommunikationswissenschaft: Plädoyer für eine „tiefe Internationalisierung“ des Fachs in Deutschland. Ein wissenschaftspolitisches Positionspapier

Publizistik, volume 65 (2020), pp. 295-303

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"Wir appellieren an alle in Deutschland tätigen Kommunikationswissenschaftler* innen, also an unsere Scientific community, und besonders an unsere Fachgesellschaft DGPuK, ihre Verantwortung im Bereich der Internationalisierung zu überdenken und den Prozess der „tiefen Internationalisierung“ in Forschung, Lehre und Hochschulstrukturen voranzutreiben. Diese Neuorientierung ist nicht nur wissenschaftlich relevant, um die Unterrepräsentation weiter Teile der Welt und innerhalb westlicher Gesellschaften als Desiderata zu beschreiben und bestehende Forschungslücken zu schließen. Sie ist auch gesellschaftlich relevant und wird für die Zukunft von allergrößter Bedeutung sein. Die Erforschung der Welt muss heraus aus der Nische des akademischen Spezialistentums und ins Zentrum wissenschaftlichen Arbeitens gerückt werden. Die Globalisierung der Wissenschaft ist kein abgeschlossener Prozess, sondern eine Jahrhundertaufgabe, zu deren Bewältigung wir alle zur Mitwirkung aufrufen. Die Erforschung von nicht-westlichen Ländern sollte nicht nur in Krisenzeiten als relevant wahrgenommen werden. Insgesamt ist daher nicht nur eine verbesserte strukturelle Absicherung der internationalen Kommunikationswissenschaft an deutschen Hochschulen erforderlich, sondern auch eine Sensibilisierung des Fachs und der deutschen Wissenschaftsgemeinschaft, von der Fachgesellschaft DGPuK bis zu den Herausgeber*innen von in Deutschland erscheinenden Fachzeitschriften und den Verleger*innen von Fachverlagen. Das Fach kann und muss in puncto Internationalisierung besser werden. Und dies nicht nur in quantitativer Hinsicht (durch Konferenzteilnahmen und mehr Publikationen), sondern auch durch die Wertschätzung der globalen Vielfalt inhaltlicher Problemstellungen und intellektueller Denkrichtungen – über die USA und andere englischsprachige Länder hinaus. Die internationale Kommunikationsforschung sollte mehr als nur ein Nebenschauplatz der Kommunikationswissenschaft sein, denn nur so vermag sie, zentrale Annahmen über Medien und Kommunikationsprozesse, die wir seit langem für selbstverständlich gehalten haben, in Frage zu stellen." (Fazit und Ausblick, Seite 302)