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Perspektiven der Medienentwicklung in Mittel- und Osteuropa

Ost-West: Europäische Perspektiven, volume 11, issue 2 (2010), pp. 97-106

Signature commbox: 400:10-General 2010

"Die Pressefreiheit hat uns beides gebracht, den Sauerstoff der Demokratie genauso wie das Lachgas von Infotainment und Kommerzialisierung.“ Der polnische Medienwissenschaftler Karol Jakubowicz wird sicherlich bei vielen demokratisch gesinnten Kollegen in Mitteleuropa und im Baltikum auf zustimmendes Kopfnicken treffen, wenn sie auf die Medienlandschaft in ihren Ländern schauen. Aber allenthalben ist ein deutliches Hüsteln zu vernehmen, weil politische und wirtschaftliche Interessengruppen an den Regelungsmechanismen der Sauerstoffzufuhr drehen. Dagegen leidet der Patient Medienfreiheit in Belarus, Moldova, in Russland, aber auch in der Ukraine unter chronischen Erstickungsanfällen, während es gleichzeitig am Lachgas nicht fehlt. Freilich ist die jeweilige Zusammensetzung dieses ätherischen Gemischs über 20 Jahre nach dem Beginn der revolutionären Umbrüche in Mittel- und Osteuropa von Land zu Land recht unterschiedlich, denn die Medien können nicht getrennt betrachtet werden von allen anderen Determinanten dieser Transformation, die nicht nur das politische Regime erfasste, sondern auch die wirtschaftlichen Strukturen und gesellschaftlichen Mentalitäten einem tiefgreifenden Wandel unterzogen. Da die Medien in vielschichtigen und wechselseitigen Abhängigkeiten von einer Vielzahl von Prozessen und Institutionen stehen – wie etwa dem Staat, politischen Bewegungen, den technologischen Entwicklungen, der Gesetzgebung, wirtschaftlichen Kräften, zivilgesellschaftlichen oder sozio-kulturellen Faktoren –, setzt ein Verständnis der spezifischen Entwicklungen der Medien die Kenntnis der generellen Prozesse der Transformation geradezu voraus." (Seite 97)