Document details

Pop-up-Propaganda: Epikrise der russischen Selbstvergiftung. Mit einem illustrierten "Ratgeber für das Überleben"

Thomas Martin (Nachwort)
Berlin: Matthes & Seitz (2024), 337 pp.

Contains 32 pages illustrations

ISBN 978-3-7518-2037-0

"Während innerhalb Russlands das Verbot kritischer Medien und die Gleichschaltung der verstaatlichten Sender eine beinahe karikaturhafte Erzählung über traditionelle Werte und die Notwendigkeit der "Militärischen Spezialoperation" hervorbringen, arbeiten sorgfältig geplante Propagandaaktionen im Rest der Welt an der Destabilisierung demokratischer Gesellschaften. Ein planmäßiger Wahnsinn überzieht das Land. Er zeigt sich in inflationär gebrauchten Euphemismen und Hassrede, als Denunziation und in einem bis ins Subtilste durchdachten Strafregime. Und es ist ein Wahnsinn mit Geschichte. Denn die Gewalt, die die russische Gesellschaft unerbittlich im Griff hat, ist eine Fortführung der paranoiden Suche nach Feinden, der nächtlichen Verhaftungen, Durchsuchungen und Folterungen sowie der Gulags aus dem Sowjetregime - in grellem, neuem Gewand und verschmolzen mit dem Gangstertum der Neunzigerjahre. "Der Comic in der Mitte zeugt von bitterem Humor. Der Ernst der Lage zeigt sich im Text, der so einige Rätsel löst, die sich seit dem russischen Überfall auf die Ukraine angestaut haben. Irina Rastorgueva seziert die Gesellschaft, indem sie die Sprache analysiert. Was sie Pop-up-Propaganda nennt, ist eine Art LTI für Putins Russland, eine Bestandsaufnahme diktatorischen Sprechens in dem Sinne, wie Victor Klemperer es einst tat" (Verlagsbeschreibung)
Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.11.2024: "Irina Rastorgueva sammelt und dokumentiert Lügen, erklärt Rezensent Stefan Plaggenborg - Verschwörungsmythen, Fake-News, Propaganda, Hass- und Hetzreden voller absurder Behauptungen, Anschuldigungen und Misinterpretationen, in den Medien, in der Schule, im Gericht, in Kirche, Film, Privatleben - mit größter Sorgfalt führt uns die im Exil lebende russische Autorin die Allgegenwärtigkeit der Falschinformationen und der Gewalt in Russland vor Augen, sowie deren fatale Folgen für die Menschen, insbesondere für die Minderheiten in diesem Land. Derart komprimiert entwickelt diese Masse an Lügen, dieses "Zeugnis einer Scheinwelt" eine ungeheure, nahezu erdrückende Wucht, beschreibt der Rezensent, dazu bedarf es keiner Analysen, die schnörkellose Beschreibung allein genügt, um sich zu fragen: Wo soll hier jemals Widerstand entstehen können, wenn die Opposition zersplittert, tot, im Exil oder im Gefängnis ist? Es ist ein deprimierendes, ein realitätsschweres Buch, so der Rezensent, dem das postmodern plauderhafte Nachwort leider so gar nicht steht. Angemessen hingegen findet der Rezensent das chaotische Vorgehen bei der Transliteration russischer Begriffe." (www.perlentaucher.de)
1 Korrumpierte Semantik oder: Postironie in Zeiten der Postwahrheit, 15
2 Hier spricht Moskau, 25
3 Der Garten der Pfade, die sich verzweigen, 51
4 Antirussische Verschwörung, 73
5 Pseudowissenschaft, 101
6 Religion, 123
7 Exkurs: Die nationale Frage, 139
8 Zerfall des Imperiums, 151
9 Nachrichten! -Juni 2023, 165
10 Illustrierter Ratgeber für das Überleben, 175
11 Traditionelle Werte, 209
12 Der ewige Krieg, 233
13 Gewalt: Die wilden Neunziger, 253
14 Die Propaganda, die Angst und der Protest, 273
15 Was tun? 295
Anstelle eines Nachworts: Propaganda ist für alle da, für mich zuallererst / Thomas Martin, 311