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"Sonderauftrag Südamerika": Zur deutschen Politik gegenüber Lateinamerika 1938 bis 1942

In: Lateinamerika zwischen Emanzipation und Imperialismus, 1810-1960
Berlin: Akademie-Verlag (1961), pp. 234-55
"Aus Anlass der negativen Ergebnisse von Rio des Janeiro wurde beschleunigt der „Sonderauftrag Südamerika“ zum Abschluss gebracht, der sich vor allem das Ziel setzte, gegen die erdrückende nordamerikanische Konkurrenz die wichtigsten Presseorgane, Nachrichtenagenturen und hauptsächlichen Rundfunkstationen unter direkte oder indirekte deutsche Kontrolle zu bringen, um Südamerika weiterhin im Sinne der faschistischen Propaganda zu beeinflussen. Diese Propaganda hatte ein doppeltes Ziel: sie sollte die südamerikanischen Republiken nach Möglichkeit für die Sache der „Achsen“-mächte einnehmen und jede antiamerikanische Bewegung demagogisch anstacheln, um den deutschen Imperialismus zu entlasten. Ein wichtiger und typischer Ausschnitt aus der Pressepropaganda im Rahmen dieses Geheim- oder Sonderauftrages Südamerika lässt sich anhand der Materialien des Südamerika-Komitees bei der Abt. Pol. IX im AA unter dem harmlosen Titel „Fortsetzung der Pressearbeit in Bolivien“ rekonstruieren. Danach konnte die deutsche Gesandtschaft in La Paz, über die Firma des Deutsch-Bolivianers von Bergen, „die 65% des gesamten bolivianischen Papierimports innehatte“, den größten Teil der Presse im Lande mittelbar dirigieren, da diese Firma — wie es ausdrücklich hieß — „sofort bei Ausbruch des Krieges im September 1939 ihre 15jährigen Beziehungen zu den Herausgebern nahezu aller bolivianischen Zeitungen zugunsten einer Beeinflussung im deutschen Sinne zur Verfügung“ stellte [...] Den eigentlichen Nerv des Geheimauftrages Südamerika bildeten die umfangreichen und ausgeklügelten Maßnahmen zur getarnten Inbesitznahme von wichtigen Rundfunkstationen, zumal die kostspielige offizielle deutsche Kurzwellen-Propaganda mit Richtstrahlern nach Mittel- und Südamerika auf die Dauer nicht den gewünschten politischen Erfolg zeitigte. Ende Januar 1942 konnte die Abt. Rundfunk beim AA in einer Vollzugsmeldung bekanntgeben, dass der „Rundfunkeinsatz in Südamerika . . . auch für den Fall des Abbruchs der Beziehungen durch getarnte Besitzbeteiligung gesichert“ sei. Es handelte sich um insgesamt 37 größere oder kleinere Sendestationen." (Seite 246-7)