"In Deutschland nutzen laut ARD/ZDF-Online-Studie von 2018 zwei Drittel der 14- bis 29-Jährigen täglich YouTube, bei Kindern dürfte der Anteil sogar noch höher liegen. Sie wollen sich damit in erster Linie zerstreuen. Die Auswertung der deutschen Top-100-Kanäle ergab: über ein Drittel bietet Unterhaltung (Comedy, Streiche, Wettkämpfe, Video-Tagebücher); ein Viertel sind reine Musikkanäle; 15 % der Angebote sind primär durch Spiele (Gaming) geprägt; knapp zehn Prozent der Videokanäle sind dem Bereich Beauty & Lifestyle zuzuordnen; gerade einmal vier Kanäle beschäftigen sich im weiten Sinne mit Politik und Wissen. Eine herausragende Stellung als Akteure nehmen dabei die so genannten Influencer ein. Diese digitalen Meinungsführer spielen in 56 der Top-100-Kanäle die Hauptrolle, unter den Top 20 sind allein 15 Influencer vertreten. Influencer wollen und sollen auf ihr Publikum „authentisch“ wirken, in jedem Fall haben sie Einfluss auf die Identitätsbildung von Jugendlichen und vor allem Kindern. Häufig auf sehr einseitige Weise und – nimmt man die Bildungsansprüche der Aufklärung als Bewertungsgrundlage – meist nicht zum Guten. Während Umfragen zeigen, dass die ‚Jugend von heute‘ weltoffen, pragmatisch und bis zu einem gewissen Grade auch postmaterialistisch eingestellt ist, predigt die große Mehrheit der digitalen Meinungsführer einen ungezügelten Konsum und führt dem jungen Publikum tradierte Rollenbilder von Mann und Frau vor. Auffällig ist zudem die hohe Quote (43 %) von Influencern mit Migrationshintergrund bei den deutschen Top-100-Kanälen – ein Hinweis darauf, dass migrantische Publizisten so einen leichteren Zugang zum Mediensystem als über die klassischen Medien finden. Insgesamt zeigt sich, dass die implizit gesellschaftspolitischen Botschaften tendenziell neoliberalen (Konsumismus) oder konservativen Charakter (tradierte Geschlechterrollen) haben." (Zusammenfassung, Seite 6-7)