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Versöhnungstheater

Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Sonderausg. (2023), 173 pp.

Series: Schriftenreihe, 11057

ISBN 978-3-7425-1057-0

Other editions: München: Carl Hanser Verlag, 2023

Signature commbox: 401:00-Conflicts 2023

"Die im demokratischen Deutschland etablierte Erinnerungskultur gilt vielen Bürgerinnen und Bürgern als ein Erfolgsmodell, auf das sie mit einem gewissen Stolz blicken können. In der Tat war es ein langer Weg von der weitgehenden Verdrängung der nationalsozialistischen Verbrechen bis zu ihrer öffentlichen Anerkennung in einer durch Rituale geprägten, identitätsstiftenden Gedenkkultur. Der Publizist und Lyriker Max Czollek weist jedoch auf die Widersprüche, blinden Flecken und problematischen Aspekte dieser Erinnerungskultur hin und leuchtet diese aus. So werde die Erinnerung an die Verbrechen vielfach gleichgesetzt mit deren Wiedergutmachung und diene als Geste einer vermeintlichen Versöhnung mit den Opfern und ihren Nachkommen. Jüdinnen und Juden würden hier, wie der Autor im Anschluss an Michal Bodemann konstatiert, für die positive Identitätsstiftung der Deutschen instrumentalisiert. Czollek sieht die Gefahr, dass eine solche Gedenkkultur fortbestehende diskriminierende Machtstrukturen unhinterfragt lasse und sogar als Ressource eines neuen Nationalismus in Anspruch genommen werde. Für Czollek hingegen gilt: Wer Erinnerung ernst meine, müsse akzeptieren, dass vergangenes Unrecht durch sie nicht wiedergutgemacht, die zugefügten Wunden nicht geschlossen werden können – und dass mit dem Erinnern der Auftrag verbunden sei, diskriminierende Strukturen auch in der Gegenwart zu benennen und zu bekämpfen." (Verlagsbeschreibung)
Einleitung: Nach knapp achtzig Jahren der Zurückhaltung, 9
Versöhnungstheater. Die dritte Phase der Erinnerungskultur, 17
Nationalismus reloaded. Wie es war, darf es nicht werden, 29
Wiedergutwerdung ohne Wiedergutmachung. Kniefälle, Reden und andere symbolische Handlungen, 37
Isolationsstationen der Geschichte. Die neue Erinnerungsarchitektur, 49
Stauffenberg oder Die verlorene Unschuld der Neuen Berliner Mitte, 59
Identitätspolitik vs. Universalismus? Von falschen Gegenüberstellungen, 71
Hundert Jahre Sophie Scholl. Auf der Suche nach der deutschen Anne Frank, 81
Regulierte Sichtbarkeit. Warum die Rhetorik der Vielfalt nicht ausreicht, 91
Die Verdopplung der Juden. Zwischen Zuschreibung und jüdischen Realitäten, 101
Begrenzte Wahrnehmung. Was man vergessen muss, um weiterzumachen, 111
Das Problem mit den Dingen, die nicht geschehen sind, 121
(Post-)Migrantische Erinnerungskultur. Ausländer, wehrt Euch! 131
Halleluja auf die Flex! Interventionen in das Versöhnungstheater, 143
Schluss: Auf dem Weg zu einer pluralen Erinnerungskultur, 151