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"Wegsehen darf man nicht - aber auch nicht alles zeigen": Bildethik aus Sicht des katholischen Hilfswerks Adveniat. Ein Gespräch mit Nicola von Bonn

Communicatio Socialis, volume 47, issue 4 (2014), pp. 438-447

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"Natürlich ist Grundlage unserer Arbeit auch der Pressekodex. Darüber hinaus haben wir überlegt, was ist das Besondere von uns als katholisches Lateinamerika-Hilfswerk, als „Adveniat“. Wie spielt das mit rein in unsere Bildethik, unsere Ethik in der Öffentlichkeitsarbeit, die Ethik unserer Berichterstattung. Die Grundlage für uns ist der Mensch als Ebenbild Gottes mit seiner unveräußerlichen Würde. Notleidende Menschen und Menschen in Krisensituation wollen wir daher immer auch als Subjekte ihres Handelns darstellen und nicht als Opfer. Ganz wichtig ist außerdem: Wir akzeptieren das Recht auf das eigene Bild. Es gibt bei uns auch keine gestellten Bilder, selbst wenn das möglicherweise auf Kosten der Bildauswahl geht, die hinterher zur Verfügung steht. Wenn zum Beispiel ein Journalistenteam in einem Armenviertel für uns ein Projekt, das von „Adveniat“ unterstützt wird, recherchiert und dazu Familien in diesem Viertel besucht, dann werden nur mit Einwilligung dieser Menschen Fotos gemacht. Wenn eine Familie sich also schämt für ihre ärmliche Hütte und nicht möchte, dass man drinnen Bilder macht, dann gibt es eben nur ein Bild vor der Hütte – und damit müssen wir auskommen. Es kommt durchaus vor, dass wir Bilder, die wir gerne gesehen hätten, nicht bekommen. Möglicherweise gibt es dann am Ende sogar mal kein Motiv, bei dem wir sagen, das ist richtig plakattauglich oder es muss lange darum gerungen werden, weil kein entsprechendes Bild verfügbar ist." (S439-440)