"Fragen nach israelbezogenem Antisemitismus stellen sich in Ländern, die sich teilweise im Kriegszustand mit Israel befinden oder – wie Libanon, Irak, Saudi-Arabien und Katar – keine offiziellen Kontakte zu Israel unterhalten, anders dar als in Ländern wie Deutschland. Die hierzulande präsent
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e Diskussion um Israelkritik in Form und Inhalt spielt in den arabischen Leitmedien keine Rolle. Vor diesem Hintergrund ist dann auch die in Deutschland vorherrschende Problematisierung von Begriffen wie "vom Fluss zum Meer", Genozid und Apartheid im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt in der arabischsprachigen Öffentlichkeit nicht relevant. Hier sind die arabischen Leitmedien eher dem internationalen Presse- und Wissenschaftsdiskurs und der juristischen Auseinandersetzung mit dem Nahostkonflikt (Internationaler Gerichtshof, Internationaler Strafgerichtshof) näher.
Weder Vernichtungsfantasien gegen Israel noch platte monokausale Argumentationen spielen in den arabischen Leitmedien eine dominierende Rolle – gleichwohl gibt es natürlich auch israelfeindliche Beiträge. Wiederum gehören – auch staatliche – israelische Stimmen zum "Informationsbuffet" der arabischen Medien. Häufig wird auch die Rolle des Westens kritisiert und dessen Haltung als einseitig angeprangert. Immer wieder wird Gaza mit der von Russland angegriffenen Ukraine verglichen und die Unterschiede in der Positionierung insbesondere der USA und europäischer Staaten als Doppelmoral kritisiert. Traditionelle antisemitische Diskurse, wie sie Shaykh Qaradawi vor 15 Jahren auf Al Jazeera pflegte, sind in der aktuellen Debatte der arabischen Leitmedien dagegen selten.
Vielfach ist ein Verlautbarungsjournalismus zu beobachten, der Vertretern und Sprechern der verschiedenen Konfliktparteien Raum für ihre medienwirksamen Äußerungen gibt. Gleichzeitig wird die Entwicklung der Kampfhandlungen und der politischen Lage durch eine Art Verlaufsjournalismus begleitet, in dem politische Analysten und auch Militärexperten das Tagesgeschehen darstellen und einordnen.
Palästinensische Perspektiven und Anliegen werden in den Medien des arabischen Raums stärker gewichtet als in Europa. Das ist naheliegend und insofern nachvollziehbar. Die Darstellung und auch die Interpretation der Ereignisse könnte sich dennoch auch im hoch emotionalen Kontext des aktuellen Gaza-Krieges durch mehr Neutralität und Ausgewogenheit auszeichnen. Insgesamt dreht sich die Berichterstattung über den Gaza-Konflikt aber vor allem um die Entwicklungen auf dem Schlachtfeld und um territoriale Ansprüche, Antisemitismus spielt dagegen eine eher untergeordnete Rolle. Wie die Berichterstattung jenseits der Leitmedien, insbesondere in den Medien der jeweiligen politischen Gruppierungen und in den Social-Media-Kanälen aussieht, bleibt in diesem Zusammenhang aber unbeantwortet und muss an einem anderen Ort geklärt werden." (Fazit)
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"This study sheds light on the unprecedented complexities of the Israel–Gaza war, offering insights into the challenges that journalists face in this conflict zone. It employs the Hierarchy of Influences Model to analyze the factors influencing conflict reporting within the dynamic landscape of co
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ntemporary war journalism." (Abstract)
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