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Medien und Macht

In: Lateinamerika: Handbuch für Wissenschaft und Studium
Günther Maihold; Hartmut Sangmeister; Nikolaus Werz (eds.)
Baden-Baden: Nomos;Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) (2019), pp. 653-664
"LA hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten wie nie zuvor mit seiner Medienlandschaft beschäftigt. Von den intensiven, oft auch polemischen Debatten wurden viele Problemzonen des Journalismus auf dem Kontinent angestrahlt: Konzentration, Meinungsmonoronie, Homogenität und Elitendominanz. Dies ist auch ein Verdienst jener Regierungen, die um die Jahrtausendwende ihren Aufstieg begannen. Es ist ihnen gelungen, das Thema fest im lateinamerik. Bewusstsein zu verankern, so dass es selbst präsent bleiben könnte, wenn die Politik wieder eine andere Richtung einschlägt und ein Vergessen anstrebt. Beseitigt haben sie die ewigen Schwächen allerdings kaum. In einzelnen Ländern - in Ecuador, besonders aber in Venezuela - ist der Medienpluralismus sogar eingeschränkter. Dass die Massenmedien zunehmend ihre Ausnahmestellung als Agendaserrer und Gatekeeper verlieren, hat weder politische Gründe, noch ist dies ein regionales Phänomen. Fernsehen, Radio und Zeitung hatten für LAs Politiker stets eine fast lebenswichtige Funktion - wenngleich manchmal auch nur die, einen guten Feind abzugeben. Doch das Massenpublikum zerfällt mehr und mehr -und damit auch eine Reihe kommunikativer Gewissbeiten, die lange das Verhältnis geprägt haben. Twitter, YouTube und Instagram, v. a. aber Facebook und WhatsApp sind zu bedeutenden Kanälen aufgestiegen -und sie kosten fast nichts, was auf einem Kontinent mit großer Armut ein immenser Vorteil ist und weiteres Wachstum erwarten lässt. Politiker werden mit ihren Narrativen dorthin wandern, wo ihre Wähler kommunizieren und kommentieren. Insofern dürfte Jair Bolsonaros erfolgreicher Internet-Wahlkampf in Brasilien Nachahmer finden. Rückblickend könnte er einmal wie der Beginn einer Zeitenwende erscheinen, die die Selbsterlösung der Politik aus ihrer Abhängigkeit vom Journalismus angekündigt hat. Kommunikative Hegemonie könnte dann keine Frage von Mediengesetzen oder Kraftproben mit Presse-Imperien mehr sein, sondern eher eine des Kapitals." (Ausblick, Seite 663)