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»Und Gott chillte«? Überlegungen zu neueren Bibelprojekten aus literaturwissenschaftlicher Sicht

In: Das Buch in den Büchern: Wechselwirkungen von Bibel und Literatur
Andrea Polaschegg; Daniel Weidner (eds.)
München: Fink (2012), pp. 135-149

Series: Trajekte

ISBN 978-3-7705-5243-6

"Martin Dreyer, der 1965 geborene Gründer der Jesus Freaks, startete 2004 das Volxbibel-Projekt, dessen sprachlicher Duktus im oben angeführten Zitat ironisch aufgegriffen wird. Anders als bei kommunikativen Übersetzungen der letzten fünfzig Jahre (bspw. Hoffnung für alle 3 oder Gute Nachricht 4) ging es ihm nicht nur um einen zeitgemäßen und allgemeinverständlichen Sprachstil. Die Volxbibel sollte von Jugendlichen für Jugendliche ›übersetzt‹ werden, was durch ein Open-Source-Modell im Internet verwirklicht wurde. Seit der Jahrtausendwende entstanden neben dem Volxbibel-Projekt drei weitere Bibelprojekte, die eng mit dem Medium Internet verknüpft sind und im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen. Kurz nachdem das Volxbibel-Projekt konkrete Formen annahm, wurde in der Deutschen Bibelgesellschaft der Entschluss gefasst, eine neue, moderne Bibelübersetzung in Angriff zu nehmen. Es handelt sich bei der BasisBibel um eine von ausgebildeten Theologen und Philologen vorgenommene Übersetzung, bei deren Erstellung die Bedingungen der neuen Medien besondere Berücksichtigung fanden – sei es in der Distribution, der multimedialen Präsentation oder der Interaktion mit Lesern [...] Das Phänomen der LOLCats (›laughing-out-loud-cat‹) lässt sich bis ins Jahr 2006 zurückverfolgen. In diversen Foren wurden Fotos von Katzen mit witzigen Sprüchen versehen, die meist in einem orthographisch und grammatikalisch fehlerhaften Englisch verfasst waren, dem sogenannten Kitty-Pidgin. Bereits 2007 konnte eine kommerziell betriebene Webseite mit LOLCat-Bildern Gewinne erzielen. Im Herbst desselben Jahres gründete der College-Student Martin Grondin ein Projekt, bei dem Internetnutzer aufgerufen sind, auf der wiki-ähnlich strukturierten Seite www.lolcatbible.com die King-James-Übersetzung in Kitty-Pidgin umzuformulieren [...] Ähnlich spielerisch war der Rekordversuch, den die Redaktion des Internetportals www.evangelisch.de zum Kirchentag 2009 startete. Registrierte Nutzer des Portals und Besucher des Kirchentags sollten innerhalb von zehn Tagen die komplette Luther-Übersetzung in 140 Zeichen lange Twitter-Beiträge umformulieren. Das Ergebnis wurde im selben Jahr unter dem Titel … Und Gott chillte veröffentlicht, kann aber auch weiterhin im Internet eingesehen und kommentiert werden." (Seite 137-138)