"Auch wenn es in Brasilien heute mehr als 4.000 Community Radios gibt, empfinden viele der Radiomachenden die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht als adäquate Übersetzung des »Rechts auf Radio«. Sie setzen den legalen Einschränkungen ihres Medienmachens deshalb ein wirkmächtiges Konzept entgegen, nämlich das medialer Legitimation. Die vorliegende Arbeit zeichnet diese Strategien und ihre spezifischen Akteur_innen auf interdisziplinärem Terrain nach. Mithilfe eines explorativen mapping des brasilianischen Radionarrativs zeigt sie, wie etablierter Akteur_innen in ihrer Monopolstellung herausgefordert werden, welche spezifischen Vorschläge eines »anderen« Radiomachens gegenüber dem staatlichen script von Community Radio formuliert werden und schließlich, anhand von 17 Fallbeispielen, wie Sendekollektive sich situativ zu legitimieren suchen. Dabei wird ein zentrales Dilemma sichtbar: Es gibt in Brasililien derzeit keinen Ort, an dem alle relevanten Akteur_innen zusammentreffen, um eine konsensuelle (Neu)Bestimmung von »Rundfunk« vorzunehmen zu können. Auf theoretischer Ebene leistet die Arbeit einen Beitrag zu medienpolitischen Debatten in Brasilien und Lateinamerika. Sie fokussiert dabei auf die Frage medialer Legitimation und zeigt, wie unterschiedliche gesellschaftliche Akteur_innen sich dieses Konzept aneignen. Der Ansatz der Akteur-innen-Netzwerk-Theorie im Rahmen einer (multi- sited) Medienethnografie trägt dazu bei, statische Definitionen und Kategorisierungen des Rundfunks zu überwinden, die einer breiten gesellschaftlichen Aushandlung und Aneignung des Mediums abträglich sind." (Zusammenfassung)