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Verbrechen per Radio

In: Vom Umgang mit Gewalt
Michael Ehrke et al.
Hamburg: Junius (1985), pp. 36-40
"Radio wird hauptsächlich von Hausfrauen gehört. Die Haupteinschaltzeit liegt zwischen sieben und elf Uhr, wenn die meisten mit häuslichen Arbeiten beschäftigt sind. Und gerade in dieser Zeitspanne von vier Stunden erleben die Radios die Invasion einer neuen Welle: die Polizeiberichte. Es gibt diese Sendungen in ganz Brasilien, mit wechselnden Namen und Aufmachungen, aber mit einem gemeinsamen Kennzeichen: Sie führen auf eine sensationalistische und erschreckende Weise die schlimmsten Verbrechen des Tages vor, und zwar so, daß klar wird: So etwas kann jedem geschehen. Wenngleich es in Rio de Janeiro ebenfalls Verbrechensberichte in Sendungen für ein großes Publikum — wie dem vom Cidinha Campos im „Super Rádio Tupi" — gibt, so haben die Chronisten des Schreckens ihre Hochburg doch in São Paulo. Dem paulistaner Publikum wird aufgewartet mit spezialisierten Reportern, die sich in Stars verwandeln und astronomische Gehälter einstreichen, wie die Großen von Fußball und Fernsehen. Eine Rundfunkanstalt läßt sich einen Gil Gomes oder einen Afanásio Jazadji um die zwanzig Millionen Cruzeiros pro Monat (etwa 45.000 DM) kosten. Diese beiden sind die großen Stars, und zusammen erreichen sie jeden Morgen allein in São Paulo zwei Millionen Hörer." (Seite 36-37)