"Welchen Einfluss haben Gesinnungen der Gewalt auf die gesellschaftlichen Entwicklungen in Afghanistan? Die internationalen Beiträger*innen richten ihren Blick auf linke, dschihadistische sowie talibanistische Ideologien und Praktiken in der jüngeren afghanischen Geschichte. Multiperspektivisch ze
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ichnen sie den Verlauf der letzten 20 Jahre nach und fokussieren dabei vor allem auf den dramatischen Wandel, den die afghanische Bevölkerung in Bezug auf Kultur, Frauenrechte und Medien durchlebt: Einstige Sehnsüchte und die Hoffnung auf eine offene Gesellschaft verwandeln sich durch ein Wiedererstarken der Taliban in Alpträume." (Verlagsbeschreibung)
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"Afghanistan als Ganzes wurde von mehreren sich gegenseitig bedingenden Phänomenen geprägt: Einerseits gab es sozialen Wandel und Demokratisierung, andererseits führte die starke Liberalisierung des Medienmarktes zu einer fragmentierten ethnischen Gruppenöffentlichkeit, die die Fragilität der s
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taatlichen Strukturen verstärkte. Einer der Anreize für den starken Medienboom und die Medienentwicklung in Afghanistan 2001–2021 war die Liberalisierungsstrategie nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten. Aufgrund ihrer finanziellen Ressourcen und starken Investitionen im Medienbereich haben die US-Amerikaner ihr eigenes, sehr liberales Modell des Mediensystems auch in Afghanistan umgesetzt. Erstmals war es rechtlich möglich, dass jede Person, Organisation oder Partei ein eigenes Medium gründen konnte, sodass fast alle ethnischen und politischen Gruppen über eigene Medienangebote verfügten, teilweise sogar mehrfach. Insbesondere ehemalige Warlords drängten in den Mediensektor und investierten in eigene Medien. Die Liberalisierung des Mediensystems führte so zu einer starken Polarisierung und nicht zu Wachstum im Bereich professioneller Medienstrukturen. Der Anteil an professionellen Medienangeboten und -formaten blieb bis zum Ende der betrachteten Periode bis 2021 hin sehr gering. Der Mangel an (verstärkten) Professionalisierungsversuchen war vor allem darauf zurückzuführen, dass einige professionelle Medienformate klein blieben und hauptsächlich passive Berichterstattung betrieben wurde. Anstatt vor Ort zu recherchieren oder aktiv zu berichten, konzentrierten sich diese Formate darauf, Ereignisse im ganzen Land vor allem aus den großen Städten vom Studio aus zu kommentieren. Die Berichterstattung war oft polarisierend und sensationsheischend, mit dem Ziel, eine möglichst große Zuschauerschaft anzusprechen." (Seite 202-203)
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